Rote Karte gegen Sexismus und Gewalt

„Egal, ob es um KI-Anwendungen oder Arbeitsschutz geht: Die Geschlechterperspektive ist immer mitzudenken“, so die Forderung von Conny Felten, Vertreterin der Frauen im Hauptvorstand. Das gehöre zur Gestaltung des digitalen Wandels in der Arbeitswelt dazu. Genauso, und auch dieser Antrag fand die Zustimmung der Delegierten, müssten Belegschaften und Betriebsräte an der Transformation beteiligt werden. Das erhöhe die Akzeptanz in den Betrieben. Unabdingbar, befanden die Delegierten, sei überdies ein digitales Zugangsrecht für Gewerkschaften in Betrieben und Schulen: und zwar gesetzlich verankert.

„Hast du deine Tage oder warum bist so zickig? Warum kommt aus eurem Betrieb eine Frau, habt ihr keine Männer? Geh Schuhe kaufen, damit du die Männerrunde nicht störst“: Das sind nur drei Beispiele einer langen Liste diskriminierender und sexistischer Bemerkungen von Männern gegenüber Frauen im Betrieb. Der NGG-Gewerkschaftstag zeigte diesem beschämenden und inakzeptablen Gebaren die „Rote Karte gegen Sexismus und Gewalt“ und forderte einstimmig, „partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz“ noch stärker zu fördern.

Rechts regiert gegen uns – und dann?

Kristjan Bragason, Maike Rademacher und Dr. Marc Meinardus

Im kommenden Jahr wählt Thüringen, und der rechtsextreme Politiker Björn Höcke von der AfD wird thüringischer Ministerpräsident. Dieses Szenario entwarf Maike Rademacher in der Diskussion mit Kristjan Bragason, dem Generalsekretär der EFFAT, sowie Dr. Marc Meinardus von der Friedrich Ebert-Stiftung. Denn Höcke, den man – das ist gerichtlich festgestellt – einen Nazi nennen darf, wird nach den derzeitigen Meinungsumfragen die Landtagswahl klar gewinnen. Sollte sich die CDU dazu entschließen, könnte sie Höcke mit ihren Stimmen zum Ministerpräsident wählen.

Was passiert, wenn die antidemokratischen rechten Parteien in unseren Parlamenten noch mehr Regierungsmacht gewinnen? Kristjan Bragason zeigte anhand verschiedener Länderbeispiele auf, wie schnell rechtsradikale Parteien nach der Regierungsübernahme ihre Macht gegen Gewerkschaften richten – etwa indem sie das Streikrecht beschneiden. „Die haben eine klare Agenda gegen Gewerkschaften. Sie nutzen die Regierungsmacht, um die Rechte von Gewerkschaften und Arbeitnehmerrechte einzuschränken“, sagte auch Marc Meinardus. „In einigen spanischen Regionalparlamenten haben sie zum Beispiel die staatliche Unterstützung für Tarifverhandlungen und den sozialen Dialog gestrichen.“

Und was können Gewerkschaften tun, damit genau das nicht passiert? Kristjan Bragason zeigte anhand mehrerer Länder auf, wie sich Gewerkschaften wehren können: „Die finnischen Gewerkschaften sind zum Beispiel sehr gut darin, die Öffentlichkeit zu mobilisieren und große Demonstrationen organisieren.“ Dort hatten die Rechten das Streikrecht beschnitten. „Wir Gewerkschaften müssen mit allen progressiven Gruppen zusammenarbeiten und neue Bündnisse schmieden“, so Kristjan Bragason weiter.

„Die rechten Parteien sind antidemokratisch und zentralistisch. Deswegen haben sie etwas gegen unabhängige Gewerkschaften“, sagte Marc Meinardus. „Die Gewerkschaften in Deutschland müssen sich überlegen, wie sie sich jetzt gegen die Welle stemmen, die auf uns zurollt. Zum Beispiel in Gesprächen mit den Arbeitgebern. Denn Arbeitgeber wollen nicht, dass ihre Tarifautonomie beschnitten wird.“ Auch Bildungsarbeit helfe, so Marc Meinardus weiter. In Betrieben, wo es eine gute Bildungsarbeit gegen Ausländerfeindlichkeit gebe, werde weniger rechtsradikal gewählt.

Keine Werkverträge in NGG-Branchen

Los ging es am Morgen mit Anträgen zu Renten, Tarifkommissionen, Tarifbindung und der Umwandlung von Entgelt in Freizeit. Stefan Wagner, Betriebsratsvorsitzender bei der Köstritzer Brauerei, berichtete, dass es bei der Einführung einer Regelung zur Umwandlung von Entgelt in Freizeit vor vier Jahren zunächst Unverständnis gegeben habe. Mittlerweile wolle kaum noch jemand das Geld, alle entschieden sich für die Freizeit statt für mehr Geld. 

Anschließend verabschiedeten die Delegierten einen Antrag, das Arbeitsschutzkontrollgesetz auszuweiten und in weiteren NGG-Branchen durchzusetzen. Während Corona war der NGG ein sehr wichtiger Meilenstein gelungen, nämlich Werkverträge in einem Großteil der Fleischbranche per Arbeitsschutzkontrollgesetz (ASKG) zu verbieten. Finn Petersen, NGG-Landesbezirksvorsitzender Nord, berichtete von Werkverträgen in der Milchwirtschaft, der Süßware und der Fischindustrie und sagte, das „Krebsgeschwür der Werkverträge“ gehöre abgeschafft.

Ulrike Reichelt, Betriebsratsvorsitzende bei Wiesenhof, berichtete, dass mit der Einführung des ASKG die Spaltung der Wiesenhof-Belegschaft in Festangestellte und Werkvertragsbeschäftigte endlich beendet sei. Die bis zu tausend ehemaligen Werkvertragsbeschäftigten seien nun festangestellt, viele von ihnen in die NGG eingetreten, einige seien nun Teil des Betriebsrates.

Tag 5

Der letzte Tag des 18. Ordentlichen Gewerkschaftstages der NGG: Die Delegierten diskutieren zahlreiche Anträge, zum Schluss geht der Blick in die Welt, mit dem Themenblock >Zusammenleben in einer friedlichen Welt.< Nach fünf sehr intensiven Tagen geht der Gewerkschaftstag am Mittag zu Ende - und die NGG inhaltlich und personell gut  gerüstet in die Zukunft.