Tag 5: 9. November 2018
Meldung
„Es war Gewerkschaftstag“
Kongress beschließt 121 „Frische Rezepte für Gute Arbeit“

Foto: NGG
Nach einem Festakt zur Novemberrevolution 1918, einem spannenden Diskussionsforum zum Themenblock D „Stärkung der internationalen Solidarität – und für ein starkes soziales Europa“ und anschließender Beratung der dazugehörigen Anträge ging der 17. Ordentliche Gewerkschaftstag der NGG in Leipzig heute zu Ende. Bei grauem Himmel, aber Sonne im Herzen verabschiedeten sich die Delegierten voneinander und von einer erfüllten Woche in der Gründungsstadt der NGG: Mit dem gemeinsamen Lied „Brüder zu Sonne, zur Freiheit…“ ließen sie den Gewerkschaftstag ausklingen.
Die Delegierten können zufrieden mit sich sein: Getreu dem Kongressmotto beschlossen sie insgesamt 121 „Frische Rezepte für Gute Arbeit“. Der NGG-Vorsitzende Guido Zeitler bedankte sich im Namen des Geschäftsführenden Hauptvorstands bei ihnen und dem gesamten Kongressteam und schloss mit den Worten: „Es war Gewerkschaftstag und jetzt freuen wir uns auf die Umsetzung der beschlossenen Anträge.“
Auf allen Ebenen zusammenarbeiten
Internationales Forum

Sue Longley, Generalsekretärin IUL Foto: NGG
Mit einem politisch hochaktuellen Blick über den Tellerrand ging der Gewerkschaftstag am heutigen Freitag in die letzte Runde. Moderator Harald Wiedenhofer (EFFAT, der europäischen Dachorganisation der Landwirtschafts-, Nahrungsmittel- und Tourismusgewerkschaften) konnte sich über einen spannenden Austausch mit seinen internationalen Gästen freuen. Zu Beginn des Diskussionsforums zum Thema „Stärkung der Internationalität – für ein starkes Europa“ benannte Sue Longley (Internationale Gewerkschaftsföderation, IUL) kurz die wichtigsten Schwerpunkte ihrer aktuellen Arbeit. „Die Jungen sind nicht nur unsere Zukunft, sondern auch unsere Gegenwart“, gab sie dem Plenum zu bedenken. Gleichzeitig müssen die weltweiten Themen wie die Stärkung der Frauenrechte und der Kampf gegen sexuelle Diskriminierung gemeinsam und solidarisch angegangen werden. „#metoo ist wirklich auch ein gewerkschaftliches Thema!“, so Longley. Zudem berichtete die Britin von Rahmenvereinbarungen, die mit multinationalen Konzernen abgeschlossen werden konnten, um gewerkschaftliche Rechte nicht nur festzuschreiben, sondern auch durchsetzen zu können.
Neue Tarifverträge wichtig
Kristjan Bragasson vom Zusammenschluss der Skandinavischen Schwestergewerkschaften (NUHRCT) brachte wertvolle Erfahrungen zum Thema grenzübergreifende Gewerkschaftsarbeit aus dem Norden mit: „Unsere starke Zusammenarbeit hält die jeweiligen nationalen Standards hoch. Da haben die skandinavischen Länder eine gute Tradition.“ Bragasson empfahl, - auch in Richtung NGG - sich dem Thema „Social Labeling“ anzunehmen. Dahinter verbirgt sich die Strategie, nur Hotels und Restaurant zu nutzen, die einer Tarifbindung zu unterliegen. Junge Beschäftigte in der Hotellerie und Gastronomie spreche die NUHRCT gezielt an der Basis, in den Berufsschule und mit Aktionen an. Wichtigstes Argument allerding seien neue Tarifverträge!
Widerstand gegen Rechte
Der Italiener Pietro Ruffolo (CGIL FLAI), berichtete von seinen akuten Befürchtungen über den Einzug eines neuen Faschismus in Italien: „Diese Regierung lehrt uns das Fürchten. Wir müssen aktiv Widerstand leisten“, sagte er und rief zu internationaler Solidarität auf. Von ausbeuterischen Verhältnissen wie sie hierzulande in der Fleischindustrie herrschen, berichtete Ruffolo aus Apulien. Dort arbeiten osteuropäische Wanderarbeiter für Niedriglöhne.
Aus den USA brachte Nicholas Allen (SEIU) den Impuls, es mit den großen der Food-Branche aufzunehmen. Allen berichtete über eine landesweite Streikbewegung, die 15 $ Lohn sowie das Recht, eine Gewerkschaft zu gründen, fordert. Um es mit Konzernen wie McDonalds aufzunehmen, sei es notwendig, die Unterstützung aller Beschäftigten weltweit zu bekommen. Abschließend trat der spanische Kollege Juan Carlos Asenjo ans Pult, um von dem fünf Jahre währenden Kampf gegen Coca-Cola European Partners zu berichten. In seiner emotionalen Rede danke er den Kolleginnen und Kollegen der NGG für ihre Solidarität. „Gewerkschaften müssen auf alle Ebenen und über Grenzen hinweg zusammenarbeiten“, forderte Sue Longley abschließend. Das sei das Zukunftsmodell, nur so könne man den multinationalen Konzernen erfolgreich gegenüberstehen.
„Die Arbeiterbewegung hat die Demokratie erkämpft“
Festakt zur Novemberrevolution 1918

Foto: NGG
Heute, am 100. Jahrestag der Novemberrevolution von 1918, hat der NGG-Gewerkschaftstag dieses wichtige historische Ereignis mit einem Festakt gewürdigt. Nach einer szenischen Lesung der Leipziger Theatergruppe eumeniden mit Originalzitaten aus historischen Dokumenten und privaten Briefen des Jahres 1918 sprach der NGG-Vorsitzende Guido Zeitler über die Bedeutung des 9. November für die Deutschen, auch den der Jahre 1938 und 1989.
„Die Arbeiterbewegung hat 1918 die Demokratie erkämpft. Es ist unser Sieg!“ 1918, so Zeitler, stehe für das Ende des Ersten Weltkriegs und des Kaiserreichs, den Beginn der Demokratie und das Frauenwahlrecht in Deutschland: „Die Ergebnisse dieser Revolution sind immer noch höchst lebendig und ganz wunderbar, denn das seid ihr, Kolleginnen und Kollegen. Die Betriebsräte, gewählte Räte, also Gremien zur Sicherung von Mitbestimmung und Demokratie in den Betrieben.“ Als weitere wichtige Errungenschaft der Novemberrevolution nannte er das „Stinnes-Legien-Abkommen“, die Basis unserer heutigen Tarifverträge.
„Wir wollen nicht, dass jemand wegen seines Glaubens verfolgt wird“
Mit Blick auf den 9. November 1938 und die Reichspogromnacht schlug er den Bogen zur Gegenwart: „Und heute? Erleben wir eine Zunahme des Antisemitismus. Wir wollen nicht, dass jemand wegen seines Glaubens verfolgt oder benachteiligt wird. Egal ob er christlich, muslimisch, buddhistisch oder jüdisch ist.“
„Ohne Leipzig 1989 gäbe es heute keinen gemeinsamen Gewerkschaftstag“
Und 1989? Das sei das Datum, an dem sich die Menschen in der DDR die Demokratie zurückgeholt haben. Auch dort habe das Motto gegolten: „Brüder nicht schießen!“ „Wir freuen uns, das 1989 friedlich verlaufen ist. Die erkämpfte Freiheit brachte soziale Verwerfungen mit sich, es haben sich nicht alle Hoffnungen erfüllt. Aber eines ist auch wahr. Ohne Leipzig 1989 gäbe es heute, 2018, keinen Gewerkschaftstag unserer gemeinsamen Gewerkschaft NGG hier in Leipzig. Wir danken euch sehr dafür.“